Donnerstag, 04 April 2013 18:53

Versicherungen haben Nachholbedarf bei Facebook, Google & Co

„Dahin gehen, wo die Kunden sind!" – diese Grundregel des erfolgreichen Verkaufens ist für Versicherungen vielfach noch Utopie. Denn rund 25 Millionen Deutsche sind allein bei Facebook aktiv - doch nur


ganz wenige Versicherungen sind dort wirklich präsent. Das zeigt eine neue Studie der Bonner Unternehmensberatung Brunken Consulting: Im Vergleich zu den Vorreitern klicken zu wenige Kunden „Gefällt mir" und können zu wenige Kunden zur Kommunikation oder zur Weiterempfehlung aktiviert werden. Dabei ist die Aktivierung der Kundenbasis als Werbeträger und Multiplikator – Stichwort „Virales Marketing" – eine der effektivsten und zugleich effizientesten Motoren für den Verkaufserfolg.

Mit den zentralen Studienergebnissen und einem Interview des Geschäftsführers von Brunken Consulting, Ingmar P. Brunken.

Nur wenige Angebote sind so gut geeignet für den Online-Direktvertrieb wie Versicherungen. Immerhin kann die gesamte Abwicklung bis zur Zahlung der Prämien „nahtlos drahtlos" erfolgen. Daher ist es überraschend, dass es bisher nur wenigen Anbietern gelungen ist, die Kunden und Interessenten über soziale Medien wirklich zu erreichen, wie in einer aktuellen Marktstudie der Bonner Unternehmens-beratung Brunken Consulting herauskam.

Von solchen Frequenzen wie LIDL, Zalando oder Starbucks sind die Versicherer weit entfernt. Nur die Allianz Deutschland schafft den Sprung in den sechsstelligen Bereich. Die Direktversicherungstochter Allsecur - deren Umsatz noch im Jahre 2010 durch Bestandsrückübertragung gekappt wurde – schafft nicht nur einen für ihre Umsatzklasse hervorragenden dritten Platz. Sie ist auch die einzige der untersuchten 37 Versicherungsanbieter, die mehr als 100 Facebook-Likes pro 1 Mio. EUR Umsatz schafft. Starbucks schafft über 4000.

Ein weiteres, interessantes Ergebnis: Das Vermittlerportal Check24.de würde es ebenfalls in die Top 10 schaffen – und hätte nach Allsecur Platz 2 im umsatzabhängigen Ranking mit 85 Likes je 1 Mio. EUR Umsatz.

In einem Interview erläutert der Geschäftsführer von Brunken Consulting, Dipl.-Kfm. Ingmar P. Brunken, die Ergebnisse der Studie.

Frage: „Herr Brunken, ist ein gutes Ranking in den sozialen Medien wichtig? Wird deren Bedeutung für den Direktvertrieb nicht überschätzt?"

Brunken: „Jeder dritte Deutsche nutzt Vergleichsseiten im Internet als Informationsquelle bei der Suche nach Versicherungen – egal, wo er oder sie nachher abschließt. Kein Anbieter sollte diese Suche daher dem Zufall überlassen. Das sollte auch im Interesse der Vertreter liegen. Es war für mich eine große Überraschung, dass nur die Hälfte der in der Studie untersuchten 37 Versicherungen überhaupt eine Facebook-Page haben, die sich an Kunden richtet und nicht an Investoren oder Personal. Manche Versicherungen riskieren sogar Negativ-Pages wie ‚www.facebook.com/Kravag.zahlt.nicht' – eine Katastrophe für das Image! Oft haben kleine Agenturen eine bessere Facebook-Präsenz als große Anbieter."

Frage: „Gewinnen diese Agenturen denn durch ihre Facebook-Präsenz mehr Kunden?"

Brunken: „Ja. Denn wenn mehr Interessenten erreicht werden, die positive Meinung steigt, der Kaufwunsch dadurch steigt und die Weiterempfehlungen zunehmen, dann multiplizieren sich diese Effekte zu erheblichen Kundengewinnen. Das Problem der Agenturen ist, dass die gewonnenen Kunden mit einer positiven Meinung zum Angebot von der Facebook-Seite kommen und oft auf einem anderen Direktportal die Versicherung abschließen. Für Versicherungen ist das aber unkritisch, denn sie gewinnen den Kunden ja immer – egal, wo er oder sie den Vertrag abschließt."

Frage: „Gibt es dazu Zahlen?"

Brunken: „Ja. Machen wir eine vereinfachte Beispielrechnung für eine Direktvertriebs-Website: Wir erreichen durch eine bessere Präsenz in sozialen Medien eine Verbesserung der Views um 10% und eine Verbesserung der Response-Quote von 2% auf 2,7%. Das klingt wenig, nicht wahr?"

Frage: „Es scheint kein Hexenwerk zu sein. Was bedeutet das nun für die Kundengewinnung?"

Brunken: „48% mehr Neukunden als zuvor – pro Monat! Rechnen Sie mit: Bisher 17.000 Views * 2% = 340 neue Kunden. Neuer Wert: 18.700 Views * 2,7% = 504 neue Kunden. Das sind 164 mehr Neukunden als zuvor, oder 164/340 = 48%. Je nach Ausgangslage sind die Zahlen für jeden Einzelfall natürlich anders, aber die Größenordnung ist typisch. Und dieser Effekt verstärkt sich jeden Monat, denn die positiven Kunden empfehlen weiter und gewinnen wiederum neue Kunden hinzu. Das nennen wir ‚virales Marketing': Den Kunden als Werbeträger nutzen."

Frage: „Ist es aber ein zulässiger Vergleich, wenn Sie in Ihrer Studie die Versicherungen neben emotional aufgeladene Markenanbieter wie Zalando, LIDL oder Starbucks stellen?"

Brunken: „Wir vergleichen ja zunächst innerhalb der Branche. Aber danach ist es durchaus spannend, einmal über den Tellerrand hinauszusehen. Denn die Daten der Facebook-Fans von Versicherungen zeigen uns über Social Data Mining, dass sie sehr oft gleichzeitig Fans auch anderer Marken sind. Menschen sind ja nicht nur Versicherungskunden, sondern kaufen auch Schuhe, Reisen oder gehen aus. Sie haben Meinungen, Einstellungen, Wünsche, Träume."

Frage: „Und was lässt sich mit diesem Wissen anfangen?"

Brunken: „Das Wissen hilft zunächst, Marketingbudget einzusparen. Denn wenn ein Versicherer weiß, dass er die richtigen Kunden z.B. bei Zalando erreicht, kann er mit Zalando eine Kooperation abschließen und andere Ausgaben sparen. Aber umgekehrt gibt es auch eine Gefahr."

Frage: „Und worin besteht diese Gefahr?"

Brunken: „Google macht es vor: Ab Juli 2013 wird Google ein neues Vergleichsportal eröffnen. Und Zalando oder andere Marken mit hohem Fanpotenzial könnten auf die Idee kommen, selbst Versicherungen anzubieten. Warum nicht? Wenn es Gewinn bringt? IKEA baut neuerdings Häuser. Warum nicht eine LIDL-Versicherung? Schlecht positionierte Versicherungen würden Gefahr laufen, zum reinen Leistungszulieferer zu werden. Ein für diese Versicherungen schreckliches Szenario, denn die Beitragsmarge würde vermutlich stark fallen. Wohl dem also, der hier rechtzeitig einen eigenen Kundenzugang in den sozialen Medien aufbaut!"

Mehr: http://www.online-artikel.de/article/versicherungen-haben-nachholbedarf-bei-facebook-google-co-119005-1.html