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Mittwoch, 24 Juli 2013 16:55

Kritisches zum Burnout - letzte Stufe einer erfolglosen Stressbewältigung

1974 wurde das Phänomen Burnout zum ersten mal beschrieben, damals noch als ein Problem von Menschen, die in Sozialberufen tätig sind. Inzwischen geht man davon aus, daß ein Drittel aller im Berufsleben stehenden Menschen burnout-gefährdet ist.
Laut einer Erhebung der Techniker Krankenkasse sind von diesem Gesundheitsproblem jährlich 40.000 Arbeitnehmer mit insgesamt 10 Millionen Krankheitstagen pro Jahr befallen. Grund genug, genau hinzusehen. Während Psychiater Burnout mehrheitlich als eine Vorstufe der Depression ansehen, halten Nicht-Psychiater Burnout für eine depressive Erkrankung, manchmal für eine Art Überlastungsdepression.

Im Gegensatz zu den offiziell klassifizierten psychischen Erkrankungen gibt es für Burnout keine charakteristischen Symptome oder Kriterienkataloge, die zur Vergabe der Diagnose erfüllt sein müssen. Etwa 150 Symptome wurden schon beschrieben, sind aber nicht spezifisch,- was so viel heißt wie: sie treten auch bei anderen Gesundheitsproblemen auf. Die am häufigsten genannten Beschwerden sind Erschöpfung, Müdigkeit, Schlafstörungen, das Gefühl verminderter Leistungsfähigkeit und von Verausgabung, gesteigerte Reizbarkeit, Neigung zu emotionalen Ausbrüchen, verminderte Flexibilität, Infektanfälligkeit, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme. Die Differentialdiagnose, d.h. die Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen, führt den Unerfahrenen deshalb leicht auf die falsche Fährte.

Differentialdiagnosen

A. körperliche Erkrankungen

Anämie, Eisenmangel
Hypothyreose
Diabetes
Nebenniereninsuffizienz
Herzinsuffizienz
COPD
Niereninsuffizienz
Borreliose
HIV
Tuberkulose
Malignome, Lymphome, Leukämien
entzündliche Systemerkrankungen
degenerative Erkrankungen des ZNS
Schlaf-Apnoe-Syndrom
Restless-Legs-Syndrom
Medikamentennebenwirkungen

B. psychische Erkrankungen

Chronic-Fatigue-Syndrom
Insomnie
Neurasthenie
Somatisierungsstörungen
Depression
generalisierte Angsterkrankung
posttraumatische Belastungsstörung
Substanzmissbrauch (Alkohol, Tranquilizer)

Wesentliche Hinweise, daß die Vielzahl an Beschwerden einem Burnout zuzuordnen ist, entstammen den sozialen Rahmenbedingungen und dem Werdegang der Erkrankung. Man sagt, daß man nur dann ausbrennen kann, wenn man entflammt, also besonders engagiert und motiviert war, wenn ein Arbeitsbezug hergestellt werden kann. Die Fehlanpassung an einen "work related" Dys-Stress ist mit einer außerordentlichen Verausgabung an Energie, Kraft und Ressourcen verbunden. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, daß Burnout entsteht durch Versuche, Größenphantasien aufrechtzuerhalten. Wie für psychosomatische Krankheiten allgemein gilt auch für Burnout im Besonderen, daß Menschen, die sich für ihren Einsatz nicht adäquat belohnt und anerkannt fühlen (Gehalt, Arbeitsplatzsicherheit, Wertschätzung), ein erhöhtes Risiko für somatische (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) wie auch für psychische Störungen aufweisen (Gratifikationskrisenmodell nach J. Siegrist).

Unter Fachleuten gibt es durchaus kritische Stimmen zum Burnout-Syndrom, da das Stellen der Diagnose für Betroffene auch Vorteile hat, genießt doch der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung durchaus soziale Anerkennung bzw. kommt erst durch die Diagnose zu einer solchen. Die offensichtlichen Probleme möchte er nicht als psychische Störung gewertet wissen, sondern ausschließlich als Folge eines überdurchschnittlichen Engagements und von Arbeitsüberlastung. Gerade das läßt sich aber empirisch nicht nachweisen. Daher ist Burnout aus Patientensicht in vielerlei Hinsicht eine geradezu ideale Diagnose, denn durch die Schilderung, man sei "burnout" anstatt zu sagen "ich bin depressiv", wird die Schuld nach außen übertragen: die Rahmenbedingungen und der eigene Impuls, es besser als andere machen zu wollen gut machen zu wollen, war der Grund. Das zeigt eine Nische auf, deren Nutzung nicht unbedingt für den Nutzer spricht, weil Burnout dann geradezu zu einem Beweis für das Engagement mißbraucht wird: „nur weil ich besonders engagiert bin, konnte ich ausbrennen" und der Gipfel der Bosheit: "wer nicht ausbrennt, war nicht engagiert". Psychodynamiker unter den Psychotherapeuten sind in dieser Fragestellung geneigt, das Freud'sche Modell des Krankheitsgewinns zu zitieren. Im Sinne eines primären Krankheitsgewinnes wären Entlastungen durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Unterstützung durch Kollegen und Freunde zu sehen. Der unbewußt ablaufende sekundäre Krankheitsgewinn führt zu einer indirekten Entlastung durch die unausgesprochene Formulierung, daß der mißliche Zustand durch die vollkommene Aufopferung entstanden ist und somit eine Eigenbeteiligung in Form dysfunktionaler Bewältigungsmaßnahmen ausscheidet.

Bleibt die Frage, wie man Betroffenen helfen kann. Antwort darauf geben die "drei E",

Entlastung von Stressoren
Erholung, z. B. durch Entspannung und Sport
Ernüchterung: Verabschiedung von Perfektionismus, Akzeptanz der begrenzten eigenen Möglichkeiten

Medikamente kommen nur dann zum Einsatz, wenn Burnout im Rahmen einer anderen Erkrankung, also z.B. Angst oder Depression auftritt und davon ausgegangen werden kann, daß durch die Behandlung der Primärerkrankung auch die Burnout-Symptomatik nachläßt. Aber auch in solchen Fällen, in denen sich hinter dem vordergründig präsentierten Burnout eine Angst- oder Depressionserkrankung verbirgt, sind sehr gut wirksame nichtmedikamentöse Behandlungsansätze für Gemütserkrankungen in Erwägung zu ziehen. Dr.med.Dipl.Biol. Peter Tamme www.die-schmerzpraxis.de