Donnerstag, 25 April 2013 22:50

Prüfung von Fahrzeugen nach BGV D29

Leider passieren immer noch viel zu häufig Unfälle im Arbeitsalltag, die mit Personen- und/oder Sachschaden einhergehen, welche wiederum teure Ausfallzeiten oder Reparaturkosten mit sich bringen. Noch gravierender wird ein

solcher Zwischenfall, wenn er im Zusammenhang mit missachteten Unfallverhütungsvorschriften steht. Dann kann es unter Umständen zu Bußgeldern und zur Verweigerung von Versicherungsleistungen und somit zu weiteren zusätzlichen Kosten für den betroffenen Betrieb kommen. Bei der Benutzung von Dienstwagen oder Dienstleistungsfahrzeugen, wie Müllsammelfahrzeugen, Autotransporter oder Bussen im öffentlichen Verkehrsgeschehen, besteht ein erhöhtes Unfallrisiko, weshalb sich Verantwortliche aus diesem Bereich umfassend informieren und beraten lassen sollten.

Vorschriften und Gesetze

Wichtig ist zu allererst die Frage zu beantworten, welche Regelungen zutreffend sind und beachtet werden müssen und die dazugehörigen Begrifflichkeiten zu kennen. Bei der Prüfung von Fahrzeugen muss die Unfallverhütungsvorschrift bzw. die BGV D29 sowie die BGG 916 beachtet werden. Aber was genau sind die UVV, BGV und BGG? Worin unterscheiden sie sich? Diese Fragen werden im Folgenden beantwortet.

Die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) werden seit 2000 als Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (BGV) bezeichnet. Die Vorschriften sind rechtsverbindlich und werden von den Berufsgenossenschaften, welche wiederrum Träger der Unfallversicherung sind, festgelegt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist schließlich für die Genehmigung der Regelungen verantwortlich. Die Unfallverhütungsvorschriften sollen, wie der Name schon sagt, Schäden und Unfälle oder Berufskrankheiten verhindern oder zumindest einschränken und sorgen somit für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Die Regeln der Berufsgenossenschaften schreiben unter anderem vor, dass Maßnahmen gegen Gesundheitsgefahren im Betrieb zu treffen sind sowie arbeitsmedizinische Untersuchungen veranlasst werden müssen. Sie definieren das Verhalten der Versicherten, um Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vorzubeugen. Es müssen außerdem für die Einhaltung aller Vorschriften verantwortliche Personen benannt werden sowie umfassende Erste Hilfe-Einrichtungen vorhanden sein. Von Unfallverhütungsvorschriften bzw. Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz darf nur abgewichen werden, wenn mindestens gleichwertige Maßnahmen getroffen und diese umfassend schriftlich festgehalten werden. Die Unfallverhütungsvorschriften müssen jedem Mitarbeiter eines Betriebes zugänglich gemacht werden. Dies kann zum Beispiel in Form eines Aushanges umgesetzt werden.

Die Berufsgenossenschaften verfassen außerdem die Berufsgenossenschaftlichen Regeln (BGR), die Berufsgenossenschaftlichen Informationen (BGI) sowie die Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze (BGG). Sie gelten alle als Ergänzungen der BGV. Die Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze enthalten Prüfgrundsätze für Anlagen und Arbeitsplätze sowie Vorsorgeuntersuchungen. Die BGR und BGI stehen zwar den technischen Regeln für Arbeitsstätten hinten an, müssen aber mit der gleichen Rechtsverbindlichkeit beachtet werden. Die Regeln und Vorschriften stellen eine Konkretisierung der staatlichen Arbeitsschutzvorschriften dar und sollen dem Unternehmer vor allem als Praxisanleitung und Hilfestellung dienen. Hält der Unternehmer sich an die BGR, BGI und BGG, kann er sich sicher sein, dass auch die gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt sind.

Werden die Unfallverhütungsvorschriften sowie deren Aushangpflicht missachtet, können Bußgelder und die Verweigerung der Versicherungsleistung bei Unfällen die Folge sein.

Begriffsbestimmung „Fahrzeuge"

Fahrzeuge sind laut BGV D29 „maschinell angetriebene, nicht an Schienen gebundene Landfahrzeuge und deren Anhängerfahrzeuge". Auch Arbeitsmaschinen und -einrichtungen im fahrzeugtechnischen Bereich, die selbstfahrend sind oder als fahrbarer Anhänger genutzt werden können, unterliegen den Unfallverhütungsvorschriften.

BGV D29Beispiele für Fahrzeuge nach BGV D29 sind:

Müllsammelfahrzeuge
Autotransporter
Langmaterialtransporter
Personenkraftwagen
Lastkraftwagen
Speziallastkraftwagen, z. B. Feuerwehrfahrzeuge, Kommunalfahrzeuge, Wechselbehälter-Umsetzfahrzeuge
Kraftomnibusse
Sonderkraftfahrzeuge, z. B. Krankentransportwagen, Behindertentransportwagen
Zugmaschinen
einspurige Kraftfahrzeuge, z. B. Krafträder
deren Anhängefahrzeuge

Bei folgenden Fahrzeugen gilt die BGV D29 nicht:

maschinell angetriebene Fahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 8 km/h und deren Anhängefahrzeuge
Bagger, Lader, Planiergeräte, Schürfgeräte und Spezialmaschinen des Erdbaus (Erdbaumaschinen)
Straßenwalzen und Bodenverdichter
Flurförder-Fahrzeuge und deren Anhänger
Bodengeräte der Luftfahrt
Land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge
Pistenraupen
Fahrzeuge, die ihrer Bauart nach dazu bestimmt sind, im Schaustellergewerbe für Vorführungen verwendet zu werden und dem Publikum zum Selbstfahren zur Verfügung gestellt werden
Versuchsfahrzeuge und deren Erprobung
Fahrzeuge, bevor sie erstmals in Verkehr gebracht werden
Fahrzeuge, die zur Verwendung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sind
dienstlich oder geschäftlich genutzte Privatfahrzeuge
Krankenfahrstühle

Grundsätzlich betriff die Unfallverhütungsvorschrift BGV D29 somit alle gewerblich bzw. dienstlich genutzten Fahrzeuge. Das Fuhrwerk muss als Betriebsmittel des Unternehmens gelten. Privatfahrzeuge, die für Dienstfahrten oder andere geschäftliche Zwecke genutzt werden, stehen in keinster Weise mit den Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften D29 in Zusammenhang.

Prüfung von Fahrzeugen gemäß BGV D29

Fahrer oder Anwender von Fahrzeugen sollen durch die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften vor Unfällen in Verbindung mit der Fahrzeugtechnik geschützt werden. Um Sicherheit garantieren zu können, müssen Unternehmer ihren Fuhrpark je nach Bedarf, aber mindestens einmal jährlich, von einer sachkundigen Person überprüfen lassen. Im Idealfall stellt der Sachkundige den betriebssicheren Zustand des Fahrzeuges fest.

Sachkundiger kann zum Beispiel der Mitarbeiter einer technischen Überwachungsorganisation oder einer Fachwerkstatt für Kraftfahrzeuge sein. Mindestens müssen jedoch eine fachliche Ausbildung und Erfahrungen im Bereich der Fahrzeugtechnik vorhanden sein. Auch die staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik müssen bekannt sein, damit die Person den betriebssicheren Zustand des zu prüfenden Fahrzeuges beurteilen kann.

Bei der Prüfung von Fahrzeugen spielt die Unterscheidung von Arbeitssicherheit und Verkehrssicherheit eine entscheidende Rolle. Laut des berufsgenossenschaftlichen Grundsatzes 916, welcher Teil der UVV ist, muss mindestens einmal jährlich der betriebssichere Zustand des Fahrzeuges geprüft werden. Die Betriebssicherheit umfasst sowohl die Arbeitssicherheit als auch die Verkehrssicherheit des Fuhrwerks. Es gilt Betriebssicherheit = Arbeitssicherheit + Verkehrssicherheit. Während eine Sachkundigen-Prüfung beide Bereiche abdeckt, wird bei der Sachverständigen-Prüfung nach § 29 StVZO lediglich der verkehrssichere Zustand überprüft. Hat eine solche Verkehrssicherheitsprüfung bereits mit einem mängelfreien Ergebnis stattgefunden, muss sie bei der Sachkundigen-Prüfung in diesem Jahr nicht berücksichtigt werden. Die Arbeitssicherheit des betreffenden Fahrzeuges muss im selben Prüfintervall trotzdem beurteilt werden.

Die Prüfung der Arbeitssicherheit beinhaltet unter anderem die Kontrolle folgender Fahrzeugteile auf grundsätzliches Vorhandensein und ihren Zustand:

Bewegliche An- und Aufbauteile (Kofferraumdeckel, Motorhaube, Türen)
Verbandkasten
Warnkleidung (Warnweste mit Warnwestennutzungsanweisung)
Ladungssicherung (Gurte, Ladewanne, Trennnetz)
Anhängerkupplung
Haltegriffe
Warndreieck

Eine große Auswahl an Verbandkästen und Warnwesten finden Sie im Onlineshop der brewes GmbH.

Laut § 36 BGV D29 wird auch der Fahrzeugführer in die Pflicht genommen, gewisse Überprüfungen am Fahrzeug durchzuführen. Bevor die Fahrt beginnt muss die Funktionsfähigkeit der Betätigungs- und Sicherheitseinrichtungen sichergestellt werden. Während der Arbeitsschicht muss eine ständige Beobachtung des Fahrzeuges auf sichtbare Mängel stattfinden. Eine Meldung aller festgestellten Schäden ist unverzüglich durchzuführen. Diagnostiziert der Fahrzeugführer eine Gefährdung der Betriebssicherheit, darf er Fahrzeuges nicht weiter benutzen.

Die Überprüfungen des Fahrzeugführers umfassen für gewöhnlich:

Allgemeine Schadensfreiheit und Sauberkeit
Vorhandensein von Betriebsanleitung und -anweisungen
Warndreieck, Verbandskasten, Warnweste
Vorhandensein des erforderlichen Zubehörs wie Unterlegkeile
Sichtbare Beschädigungen von Reifen; ausreichende Profiltiefe der Räder
Funktionsfähigkeit lichttechnischer Einrichtungen
Funktionsfähigkeit der Bremsen
Prüfung von Motor und Antrieb auf ausreichend Kraftstoff, Öl, Kühlflüssigkeit und im Winter auf Frostschutzmittel
Führerhaus, Ladung, Rückspiegel (unbeschädigt), Sicherheitsgurte, Scheiben und Sichtfeld, Lesbarkeit des amtlichen Kennzeichens
Korrekte Ladungssicherung
funktionstüchtige Kupplung bei Anhänger-/Aufliegerbetrieb
im Winter zusätzlich: Hilfsmittel zur Reinigung vereister Scheiben, gegebenenfalls Schneeketten


Kennzeichnung von Fahrzeugen

Jedes Fahrzeug muss gut sichtbar mit bestimmten Informationen versehen werden. Dies geschieht am wirkungsvollsten mit einem Fabrikschild, welches dauerhaft und deutlich erkennbar, folgende Informationen enthalten muss:

Hersteller oder Lieferant
Fahrzeugtyp
Fabriknummer, Fahrzeug-Identifizierungsnummer oder Fahrgestell-Nummer
Zulässiges Gesamtgewicht
Zulässige Achslasten (außer bei Krafträdern und bei Gleiskettenfahrzeugen)

Maschinell angetriebene Fahrzeuge mit Anhängekupplung müssen noch mit der zulässigen Anhängelast dauerhaft und gut sichtbar versehen werden. An nicht zulassungspflichtigen Fahrzeugen müssen außerdem noch das Leergewicht und Baujahr gekennzeichnet werden. An Absetzkipper, Abschleppwagen mit Hubarm, Garagentransportfahrzeuge mit Absetzeinrichtung und höhenverstellbare Zwischenböden müssen noch die zulässigen Hublasten in Form eines Fabrikschildes angebracht werden.

Die Ergebnisse der Sachkundigen-Prüfung sind schriftlich zu dokumentieren und alle Aufzeichnung müssen mindestens bis zur nächsten Prüfung aufbewahrt werden. Die Niederschrift der Prüfbefunde in einem Prüfbuch, einer Prüfkartei oder einem Prüfbericht sind dafür besonders geeignet. Der Prüfer und das Unternehmen müssen ihre Kenntnisnahme mit einer Unterschrift der Prüfdokumentation bestätigen. Diese enthält den Umfang der Prüfung, Informationen über noch ausstehende Teilprüfungen sowie das Prüfdatum und den Namen des Prüfers. Auch festgestellte Mängel werden dokumentiert und in Bezug auf einen bedenkenfreien Weiterbetrieb beurteilt.

Prüfplaketten als Prüfungsnachweis

Um abgeschlossene Prüfungen zu bestätigen, stellen Fachwerkstätte Rechnungen mit einem Verweis auf die Unfallverhütungsvorschrift „Fahrzeuge" BGV D29 aus. Dies ist nur eine Möglichkeit, eine erfolgreiche Überprüfung zu bestätigen. Für den Nachweis einer durchgeführten Prüfung hat sich in der Praxis der Einsatz von Prüfplaketten bewährt.

Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Prüfung, bei der keine Sicherheitsmängel festgestellt wurden, kann die entsprechende Prüfplakette „Geprüft nach BGV D29" angebracht werden. Die Plakette definiert außerdem den spätesten Termin der nächsten Prüfung. Die Anbringung der Prüfplakette sollte möglichst außen am Fahrzeug sein. Es ist wichtig, dass die Plakette gut sichtbar und haltbar aufgeklebt wird. Ist eine Kennzeichnung im Außenbereich nicht möglich, können die Prüfplaketten im Bereich des Fabrikschildes befestigt werden. Die Prüfplakette „Geprüft nach BGV D29" darf jedoch keinesfalls mit der TÜV-Plakette verwechselt und somit unter keinen Umständen am amtlichen Kennzeichen befestigt werden.

 

Mehr: http://www.online-artikel.de